Thomas Heyer: Mister Herzblut

Wenn man wissen will, wer (oder besser noch wie) Thomas Heyer ist, dem genügt wahrscheinlich eine Anekdote aus dem Jahr 1984.“In dieser Zeit fanden zu Pfingsten FDJ-Jugendfestivals in Berlin statt, wo immer viel los war. Man konnte die Puhdys, Karat und andere gute Bands für Null Ouvert sehen. Dort wollte ich eigentlich hin. Die Erste hatte an diesem Tag ein Turnier in Klein Mutz. Weil Sie nicht genug Leute waren, belatscherte mich Egon Borchert solange, bis ich mitfuhr. Frank Purrmann, Ulf Witthuhn, Carsten Borchert und Olaf Berger waren auch dabei. Am Ende sind wir sogar Turniersieger geworden.“

Belatschern ist in dieser Geschichte wohl eine falsche Wortwahl von ihm. Wenn es um Fußball ging, war es um Thomas schnell geschehen. Das Kremmener Urgestein stand und steht für sein Hobby, sein Ein und Alles, seit über 40 Jahren beim FCK Gewehr bei Fuß. Und das aus vollster Leidenschaft. „Wenn man mich nur lange genug bekniet hat, hat man in Notfällen und selbst auf den letzten Drücker immer meinen Zuspruch bekommen. Ich war  immer 100% einsatzbereit für Verein, egal in welcher Form. Das hat sich damals schon abgezeichnet. Ich habe lieber Fußball gespielt und war für den Verein unterwegs als wegen anderen dollen Sachen. Nichts habe ich intensiver gemacht in meinem Leben.“

Teamgeist, Einsatzbereitschaft, Zuverlässigkeit: Kaum einer steht für die Grundsätze des Ehrenamts beim FC Kremmen so ein wie Thomas Heyer. Der 49-Jährige geht seit 40 Jahren bei Wind und Wetter, durch Höhen und Tiefen Schulter an Schulter mit seinem FCK. Im Rahmen des 18. R+V Hallenmasters wurde der amtierende Co-Trainer der ersten Männermannschaft in der Stadtparkhalle mit der Goldenen Ehrennadel des Clubs ausgezeichnet. Mehr als verdient, da gibt es keine zwei Meinungen. Spricht der heutige Co-Trainer der ersten Männermannschaft in Kremmen über seine Anfänge, fällt ihm sofort ein weiterer großer Name des Clubs ein.

„Mein Ziehvater beim Fußball war mein Onkel, Willi ‚Atta‘ Reckin, der den Kremmener Fußball wie Egon Borchert über Jahrzehnte geprägt hat. Auf Familienfeiern hatte er mir immer ein gewisses Talent eingeredet und mich angeheizt. So bin ich dann 1976 beim FCK eingetreten, wobei ich vorher auch außerhalb des Vereins schon Freundschaftsspiele bei den Kindern mitgemacht habe. Welche Altersklasse das damals war, kann ich nicht mehr sagen. Ich bin immer zwischen Zweien gependelt. In einer waren meine Schulkameraden wie Falko Remmert, Uwe Pantel, Kay Plessow und Putte Meier. Die älteren waren Andreas Purrmann, Olaf Darkow, Dirk und Peer Schneider, Frank Köpke. Das ist meine Generation, mit der ich angefangen habe.“ Die prägendsten Jahre begannen schließlich Mitte der 80er Jahre. Auch seine beruflichen Lehrjahre fielen in diese Zeit.

Von 1983 bis 1985 absolvierte er seine Ausbildung zum Fliesenleger in Oranienburg. Zur Berufsschule pendelte er zum Internat in die Nähe von Weimar – und natürlich zum wieder Fußball zurück. „Ich hatte eine super Zeit.“ Der großgewachsene Defensivspieler wurde erwachsen. Der Wechsel vom Jugend- in den Männerbereich hielt  dann auch eine Portion Melancholie bereit. „Schuld“ war eine Laune des Schicksals. „Für mich war es damals eine große Ehre, als A-Jugendlicher schon zum Stamm der ersten Männer zu gehören. Ich war schnell ins Team integriert. Doch in der Aufstiegsrunde zur Bezirksklasse ließen unsere Trainer Helmut Ploch und Eckhard Hohendorf mich und andere Junge außen vor. Die Erste schaffte es als Dritter nicht und dümpelte weiter im Kreis rum. Wir A-Junioren stiegen mit zwei Siegen in der Relegation gegen Berge hingegen klar in die Bezirksklasse auf.

Erinnerungen an vergangene Zeiten.

„Doch ich musste in den Männerbereich. Das war schon schade, dass es so unglücklich gelaufen ist.“ Dieses Erfolgserlebnis konnte der großgewachsene Techniker aber nachholen. In der Saison 1992/93 war der FC Kremmen erster Kreismeister im neuen Kreisfußballverband Oberhavel. Als Kapitän (dieses Amt hatte er 10 Jahre in der Ersten inne) führte Thomas das Team auch bis ins Kreispokalfinale, wo man jedoch Löwenberg unterlag. „Im Land haben wir uns jedoch nicht halten können und stiegen direkt wieder ab. Das war zu großes Neuland für uns“. Dieses Image der Fahrstuhlmannschaft blieb während der 90er. „Aus gesundheitlichen Gründen bin ich um die Jahrtausendwende freiwillig in die Zweite runter. In der Ersten half ich nur noch zwischendurch mal aus. 2000 hatten wir dann dieses furiose Jahr mit den Aufstiegen der Ersten [in die Landesklasse, Anm.] und der Reserve [in die 1. Kreisklasse]. Das war ’ne tolle Sache.“

Das bislang letzte sportliche Highlight erlebte der Fliesenlegermeister 2013 mit dem Gewinn des Kreispokals – als Co-Trainer von Thomas Wjasmin. Das 8:1 über den Post SV Zehlendorf ging nicht nur aufgrund der Deutlichkeit in die Geschichtsbücher ein. Es war auch das letzte Pflichtspiel des Fußballkreises Oberhavel vor der Fusion mit dem Barnim. „Da schloss sich dann der Kreis wieder. Wir vom FC Kremmen waren die ersten Meister und letzten Pokalsieger. Das war schon nochmal etwas Besonderes.“ Ob Spieler (aktuell noch als „Chef“ der Ü45-Senioren des FCK) oder Trainer: Thomas ist mit dem ganzen Herzen dabei. Hinter so einem begeisterten, hingebungsvollen Sportler steht immer auch jemand, der diesen Enthusiasmus mitlebt und -leidet. „Meine Frau ist natürlich nicht besonders gut auf den Verein zu sprechen.“

„Immer wieder musste sie auf mich unerwartet verzichten, wenn ich von jetzt auf gleich irgendwo eingesprungen bin und ausgeholfen habe. Sie wollte oft, dass ich kürzer trete. Das hat dann nur solange gehalten, bis sich wieder eine Tür für mich geöffnet hat. Andererseits weiß sie aber auch, wie sehr ich den Fußball brauche, um meine innere Balance zu halten. Nach einer stressigen Arbeitswoche waren das Training und die Spiele eine Erholung für mich, auch wenn ich mich ausgepowert habe. Deswegen bin ich auch so ausgeglichen und ruhig. Sie hat mir nie Steine in den Weg gelegt und ist auch stolz auf mich, weil sie sieht, welche Wertschätzung ich für meine Verdienste bekomme. Mittlerweile haben wir uns gut arrangiert. Samstags bin ich beim Fußball, der Sonntag steht ganz im Zeichen der Familie.

„Deswegen tut es mir auch für die Ü35 leid, dass ich da oft nicht helfen kann.“ Eben typisch Thomas Heyer. Mit seiner sachlichen, besonnenen Art will er auch in Zukunft beim FC Kremmen mit anpacken. „Ich wünsche mir für die nächsten Jahre, dass der Verein von einer soliden Basis lebt und Richtung höherklassigen Fußball hinarbeitet – aber nicht auf Teufel komm raus. Wir sollten nicht mit unseren Ansprüchen übertreiben, sondern die Sache nachhaltig angehen, sodass der FCK eine attraktive Adresse im Kreis wird. Der Wunsch, so schnell wie möglich die Landesklasse zu erreichen, ist utopisch. Platz 2 ist aktuell nah dran, aber eine Momentaufnahme. Ich hoffe auch, dass uns Falk Franke erhalten bleibt und möchte meinen Beitrag als Co-Trainer dafür leisten, die Spieler motiviert zu halten und die Einstellung zum Fußball zu verbessern.“ Wer könnte das besser als er, der Mister Herzblut.